• 29.03.2024

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Die Hühner arbeiten

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» Artikel vom

Der Mensch umgibt sich immer schon sehr gerne mit Tieren. Das ging so weit, dass er sie über Jahrtausende von den Ursprungswildformen weg züchtete, um sie ganz für seine Anforderungen zu optimieren. Früher stand immer der Nutzen des Tiers für den Menschen an erster Stelle, heute gibt es eine Trennung zwischen Nutztier und Haustier. Im Fokus für den heutigen Durchschnittsmenschen stehen Haustiere. Nutztiere sind gänzlich aus dem Blickfeld verschwunden. Die stehen zumeist in hochspezialisierten Fabriken, wo Fleisch, Milch, Eier und andere Produkte erzeugt werden. Sichtbar übrig geblieben sind ein paar Weidekühe, die man bestenfalls im Urlaub in den Bergen mal sieht, gelegentlich Hobbyhühnerhaltung. Ansonsten gibt‘s nur noch Vergnügungstiere. Pferd, Hund, Katze, Meerschweinchen, der Wellensittich. Und natürlich Frauen, deren Einordnung allerdings sehr wechselhaft ist. Erst kurzes bis sehr kurzes Vergnügen, dann Nichtsnutz und Nervensäge, schließlich schädlicher Lästling, das dürfte die häufigste Entwicklung dieser Genus-Gattung sein. Von einer Dauerhaltung ist abzuraten, angeraten ist, sich auf das kurze Vergnügen zu beschränken und Zuchtversuche zu unterlassen.

Wie im Selbstversorger-Artikel schon beschrieben, habe ich trotzdem eigene Nutztiere, darunter Federvieh, weiblich, Hühner. Die meiste Zeit des Jahres liefern sie genügend Eier. Würde man alles noch ein wenig konsequenter aufziehen und den gefiederten Damen noch einen Hahn als Chef vorsetzen, könnte man auch Fleisch produzieren. Schwer ist das nicht, allerdings werden uns dann wohl die Nachbarn einmauern, wenn sie täglich vom ersten Hahnenschrei bei Sonnenaufgang beschallt werden. Es gibt sogar Hühnerrassen mit besonders krähfreudigen Hähnen, die sogenannten „Langkräher“. Damit kann man Nachbarn fast aus dem Bett blasen lassen, direkt am Hahn sind 20 Sekunden lang über 100dB drin, zehn Meter weiter noch 80dB und bei 50 Metern noch 66dB. Das geht immer noch Richtung Staubsauger auf voller Leistung und wirkt psychologisch drastisch, wenn es mitten in der Morgenstille erklingt. Das weckt den faulsten Faulpelz und wie alle Faulpelze werden sie sich sogleich beschweren. Vermeiden wir also Konflikte und bleiben wir bei Hühnern ohne Hahn.

Die Vorteile des Federviehs sind allgemein bekannt:

» Man wird mit Eiern beliefert. Und mit Fleisch, wenn man auch Junghühner heranwachsen lässt. Die Eier sind wirklich gut, in der Blindverkostung sind sie klar unterscheidbar von Eiern aus Geflügelbetrieben, egal wie viele Tierfreund-Sterne auf die Packung gedruckt sind. Nebenbei enthalten sie mehr wertgebende Inhaltsstoffe, weil die Hühner viel mehr Futtervielfalt und Grünes erhalten. Jüngere Hühner von Rassen, die gut legen, liefern rund 200 Eier pro Jahr. Fünf Hühner, tausend Eier. Eier sind eine gute Tausch-, Schenk- und Verkaufsware. Zehn Eier von Hühnern aus extensiver Haltung in kleiner Gruppe liegen bei über 4 Euro und werden sogar fleißig auf Plattformen wie eBay verkauft. Die fünf Hühner schaffen also Eier für rund 400 Euro.

» Hat man Obstbäume, sorgen sie für weniger Schädlingsbefall, weil allerlei Raupen lange Zeit im Boden leben und die Hühner mit ihrer Scharrtätigkeit das behindern. Sich abseilende Frostspanner kommen gar nicht erst so weit. Die Hühner warten unter unserem Kirschbaum nur darauf, dass sie nach ihrer Blattfresserei an einem Faden Richtung Boden schweben, um sich dort zu verpuppen. Schnapp und weg. Seitdem ist die Kirsche gesund.

» Essensreste, Unkraut, Löwenzahn, Brotreste, geschossener Salat aus dem Garten, Schnecken, Gemüseübermengen, Drohnenwaben der Bienenhaltung, das ist ab sofort kein lästiger Abfall mehr, sondern wertvolles Hühnerfutter, das die Hühner in Eier und Fleisch verwandeln. Wenn man sich aber mit den Hühnern um die Unkraut-Vogelmiere streitet, weil man sie selber essen will, ist das allerdings kein Vorteil mehr.

» Der Hühnermist ist ebenso willkommen. Vorsicht, es ist ein „scharfer“ Mist mit kräftiger Wirkung. Sein Stickstoffgehalt in verrottetem Festmist ist fünfmal so hoch wie bei Rinder- oder Pferdemist, dazu noch sehr hohe Kalium-, Phosphor-, Magnesium- und Calciumwerte. Auch alle Mikronährstoffe sind vorhanden. Bester Dünger für den Garten und im Sinne einer kleinräumigen Kreislaufwirtschaft auch sehr effizient. Und wesentlich ehrlicher, wie das Biogelabere, das die ungesund aussehenden Funktionäre einer gewissen Partei zwischen Toskana-Urlaub und Umweltkonferenz auf den Malediven absondern.

» Es macht Spaß, ihnen zuzusehen. Es sind putzige Tiere, die sich wohlig im Sand baden, eine genaue Ordnung einhalten, eine Späherin haben, wilde Aufregung nach dem Eierlegen oder bei großen Vögeln am Himmel zeigen, sich stundenlang putzen, deren Lautäußerungen man schnell lernen kann. Viele Leute beobachten Hühner fasziniert, das ist mal was anderes, als Handybildschirme zu beobachten.

» Wir halten sie im Vorgarten. Da erfreuen wir Passanten nicht mit unnützem Gehölz- und Blümchenkram aus dem Baumarkt (oder schlimmer noch und trotzdem Mode: Bahndammschotter). Die Leute und Kinder bleiben gerne stehen und betrachten die hübschen Tiere. Man kommt ins Gespräch. Manche fragen nach Eiern zum Kauf. Gerne doch. Ich habe auch einen QR-Code am Hühnerstall hängen, der zu weiteren Informationen führt. Väter mit Kindern am Zaun erklären ihrem Nachwuchs übrigens oft, für was die Gegenstände im Gehege dienen und was die Hühner gerade tun. Mütter gackern oft selber was vor und spielen Tutsi-Tutsi-Huhn. Einmal konnte ich mich nicht zurückhalten und kommentierte mit „nach diesem aufregenden Gackern müssen sie jetzt aber auch ein Ei legen“.

Die Hennen wären keine Damen, wenn sie nicht auch Nachteile hätten:

» Urlaub nur mit Nachbarschaftshilfe. Füttern, Wasser, Stall sauber halten, das muss jemand regelmäßig machen. Uns macht das nichts aus, aber heute gehören ständige Urlaubstouren zum Lebensmodell vieler Leute. Singles mit Geschäftsreisen haben ebenso Probleme. Die Nachbarn wollen außerdem gut eingewiesen sein. Bei einem Verwandten starben die meisten Hühner, weil zwar gut gefüttert, aber vergessen wurde, ihnen das Trinkwasser aufzufüllen.

» Investitionen in Stall, Zaun, Junghühner oder Bruteier/Brutlampe sind nötig. Auch Fläche muss vorhanden sein.

» Die übliche Pflege im Rahmen einer Tierhaltung fällt an. Krankheiten und Parasiten erkennen, danach suchen, bei Verhaltensstörungen einschreiten.

» Mit Beil und Hackblock sollte man umgehen können oder es lernen. Begriffe wie „Ohrscheibenstich“ und „Schlachttrichter“ sollten keine Fremdwörter sein. Ein guter Hühnerhalter wird dann und wann zum Robespierre. Wenn die Damen nämlich alt werden, taugen sie nichts mehr, die Legeleistung lässt nach. Bevor sie auch noch geriatrische Probleme bekommen und man ein Hühner-Altersheim führt, beantragt man die Scheidung und vollzieht sie mittels Küchenbeil oder Messer. Wenn es nur immer so fix ginge, wie bei Hühnern. Anschließend brühen, rupfen und ausnehmen. Auch das kennen wir von Scheidungen. Das Fleisch alter Hühner ist natürlich nur noch für eine Suppe brauchbar. Soll sehr gut gegen Erkältungen sein. Gesundheit!

Die Kinder im Haus machen daraus natürlich ein Drama, wie alle Kinder, die in einem weichgespülten und komplett bigotten Land voller Opfer aufwachsen. In der Schulmensa greift man am liebsten zu Schnitzel und Hähnchenschlegel (unterste Qualitätskategorie), weil die so gut munden. Am Freitag will man blau machen, um mit Greta Thunfisch zu demonstrieren. Am Samstag will man mit dem bösen Dieselauto zum Kindergeburtstag gefahren werden, aber geht es dem Huhn nach einem langen, glücklichen Leben im Gartengrün kurz und schmerzlos an die Federn, gibt‘s Terror. Hier zeigt sich, wie weit die Erziehungskompetenz geht und die Fähigkeit der Eltern, durch solch raues Wasser ohne Hörschäden zu kommen.

Die ersten Junghühner kauft man auf Geflügelmärkten oder fragt beim örtlichen Kleintierzüchterverein nach. Die können einem auch beliebte Hühnerrassen empfehlen. Hier ist Rassismus noch erlaubt. Das Gehege wird mit einem einfachen Netz-Steckzaun abgezirkelt, das geht sehr einfach. Fertigställe kann man in vielen Variationen kaufen, groß müssen sie nicht sein. Wichtigste Eigenschaft ist die Raubtiersicherheit. Füchse streifen auch durch Wohngebiete und Marder haben nichts gegen ein Bio-Hühnchen. Eine automatische Hühnerklappe ist auch sinnvoll. Sie öffnet den Stall morgens automatisch und schließt ihn abends wieder. Hühner gehen nach ein paar Tagen Eingewöhnung abends von selbst in den Stall, eine automatische Klappe schließt ihn, ohne dass der Hühnerhalter selber hin muss. Außerdem gibt es diverse Futterautomaten bis hin zu vollautomatischen Geräten. Futterkauf ist ebenfalls kein Problem. Und schon kann es losgehen. Der freie Mann lässt Frauen für sich arbeiten, selbst wenn es Tiere sind.

Wer auf die nächste Stufe aufsteigen will, nutzt auch das Fleisch. Dazu benötigt man Bruteier gut geeigneter Rassen, etwa Brahmas, Orphingtons oder Jersey Giants. Die befruchteten Eier kann man kaufen oder man hat einen Hahn in der Herde. Ausgebrütet wird im Brutapparat (Billigware vom netten Chinesen nebenan in Shenzhen reicht), die Junghühner anschließend zwei Monate lang gemästet, dann geschlachtet. Dabei kann man die oben erwähnten Synergie-Effekte nutzen. Ich füttere bei Hühnern Drohnenlarven aus der Bienenhaltung zu, die dort von April bis Anfang Juli anfallen und ansonsten nur eingeschmolzen werden. Wer die qualvollen Methoden in der kommerziellen Masthuhn Produktion ablehnt, kann damit Hühnerfleisch selbst produzieren. Dafür muss man freilich selbst anpacken, was eine deutlich höhere Hürde darstellt, als immer nur Andere zu etwas zu verpflichten und deren Leistungen anschließend billig einkaufen zu wollen.

P.

Weiterführender Link: TrennungsFAQ

Ratsuchende Väter finden im TrennungsFAQ-Forum konkrete Hilfe

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