• 24.04.2024

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Meine Scheidung – Letzter Akt

gericht

» Artikel vom

Nun habe ich drei Jahre meines Lebens mit meiner Scheidung vor dem Bregenzer Bezirksgericht bereichert. Ich war freundlich, höflich und ich habe keine Anschuldigungen gegen meine liebe Ehefrau abgelassen. Warum auch, die Ehe empfand ich nicht als schlecht oder gar als Horror.

Dabei ist es mittlerweile vor dem Familiengericht normal, dass die Messer gewetzt werden. Meistens von der lieben Ehefrau, denn die will nicht nur gewinnen, sondern sich selbst als Opfer präsentieren. Die beklagten Männer neigen nur zu oft dazu, sich immer und ewig zu rechtfertigen und sich mit Schuldzuweisungen zu wehren. Ich habe mich an einer Schmuddelkampagne nicht beteiligt.

Meine eigene Taktik war recht erfolgreich. Natürlich habe ich mich selbst verteidigt, denn eine Scheidung bewegt sich auf einem juristischen Niveau, dass jeder Pförtner beherrscht. Obendrein ist mein Gehalt pfändungssicher. Es gibt bei mir nichts zu holen und das bringt die nötige Lockerheit vor Gericht. Sieg oder Niederlage spielen eben keine Rolle. Und wer sowieso unterhalb der Pfändungsgrenze leben muss, der braucht keinesfalls einen Rechtsanwalt. Was soll der auch bewirken? Etwa mehr Geld? Oder gar mehr Verständnis? Nein, ein Anwalt bringt überhaupt nichts. Anwälte sind kleine Wirtschaftsunternehmen, die von möglichst langen Gerichtsprozessen durch möglichst viele Instanzen leben. Dass dies jede Menge Geld kostet, muss nicht gesondert erwähnt werden. Ein geldgeiler Anwalt macht wirklich keinen Sinn.

Nun habe ich meine eigene Scheidung sehr erfolgreich geführt und vor dem Bregenzer Bezirksgericht gewonnen. Das Gericht hat mich an der Zerrüttung der Ehe unschuldig gesprochen und ich bin von allen Kosten befreit. Der Unterhalt wurde auf 0,00 € festgelegt. Ein glasklarer Sieg, wie er klarer nicht sein konnte.

Doch der Klägerin schmerzt ihre Niederlage. Meine Ehefrau ist stinksauer und auch ihr Anwalt ist wenig erfreut darüber. Nun haben sie ihre letzte Hoffnung zusammengekratzt und Berufung vor dem Landesgericht Feldkirch eingelegt. Sie wollen ihre Niederlage einfach nicht eingestehen. Das ist ihr gutes Recht. Und so flatterte die Berufung meiner Ehefrau zu mir nach Hause. Ich habe meine Berufungsbeantwortung verfasst und allgemein Verfahrenshilfe beantragt, ohne jedoch ein Formular auszufüllen.

Es dauert nicht lange und das Bezirksgericht Bregenz forderte mich auf, die Formulare für die Verfahrenshilfe auszufüllen. Und damit habe ich generell ein ernsthaftes Problem. Mein Intellekt ist bei einem Formular völlig blockiert. Das geht mir seit Jahren so mit den Formularen vom Jugendamt, die ich noch nie ausfüllen konnte. Zu schwer, zu hart, zu tiefgreifend ist meine Traumatisierung durch meine zahlreichen Exfrauen. Nein, ein Formular kann ich nicht mehr ausfüllen. Weder heute, noch morgen.

Nun dürfte das Gerichtsurteil in dem Berufungsverfahren ziemlich klar sein. Mein Sieg vor dem Bregenzer Bezirksgericht wird ungültig und da ich ohne Anwalt in einer Berufung nicht auftreten darf, werde ich nun wohl automatisch verlieren. Ist das wirklich so tragisch? Nein, überhaupt nicht. Sieg oder Niederlage sind unwichtig. Von mir wird es einfach nichts geben und meine dritte Ehefrau wird wie alle meine Ehefrauen vor ihr entweder einer Arbeit nachgehen, oder fein vom Staat leben müssen. Mir ist es gleich.

Sich einem Berufungsverfahren auf Kosten des Staates nicht zu stellen, hat eine besondere Klasse. Ich stehe diesem Gerichtsspiel, was doch mehr eine recht lustige Satiregeschichte war, ab jetzt nicht mehr zur Verfügung. Ein Berufungsverfahren würde eben auch bedeuten, dass ich einen Anwalt auf Staatskosten bräuchte, dem ich alles vorschreiben müsste. Ich müsste diesen Anwalt zuerst zur Verhandlungsführung befähigen und das ist mit einem Termin nicht getan. Hinzu kommen dann noch einige Verhandlungstermine, wenn das Landesgericht meine Scheidung an das Bezirksgericht zurück verweist. Das Scheidungsverfahren beginnt damit wieder vorne. Drei Jahre habe ich mich mit diesem Schwachsinn beschäftigt. Ich habe mir diese Grenze gezogen und meine Grenzen überschreite ich nicht. Es ist ein Hamsterradspiel, mehr nicht. Kein Anwalt oder Gericht kann mich zu diesem Spielchen überreden. Lieber bin ich ein Spielverderber und stecke mit Stolz und Würde eine Niederlage ein. Mich interessiert das nicht sonderlich. Sieg und Niederlage spielen eben keine Rolle, weil ich ein notorischer Nichtzahler bin.

Die Jahreszeit hingegen spielt eine sehr große Rolle. Der Sommer steht vor der Tür. Ich muss zu meinem Optiker Moscot nach New York, einen Freund in Thailand besuchen, an einigen Wochenenden zum Camping fahren, mich um meinen Hund kümmern und nebenbei will ich meinen Verstand mit Fachwissen füttern. Da habe ich weder die Zeit, noch die Lust, mich um ein lästiges Gerichtsverfahren zu kümmern. Meine Privatangelegenheiten haben Vorrang.

Ich gönne meiner lieben Ehefrau und ihrem Anwalt den Sieg. Sie haben sich ihn redlich verdient und werden nun bald mit der Ernte ihres Erfolgs beginnen. Ich fürchte, dass die Ernte einer grossen Dürre zum Opfer fällt und meine Ex auch künftig als Küchenhilfe arbeiten muss, weil sie trotz Titel nichts bekommen wird. Das ist sehr hart für meine süße Ehefrau.

Meine Botschaft kann klarer nicht sein: Wer kein Geld hat, der kann jederzeit ohne Angabe von Gründen jedes Gerichtsspiel verlassen. An der eigenen finanziellen Situation wird sich nichts ändern. Die Geldbörse ist leer, ein Konto gibt es nicht und die Lohnpfändung fällt mangels dickem Einkommen aus. Ich bin mir sicher, dass ich den Gerichtsvollzieher wiederholt begrüßen darf. Er wird sich das Schmunzeln nicht verkneifen können, denn meine Unterlagen liegen gut sortiert und vollständig bereit. Dieser Akt dauerte bisher immer nur wenige Minuten. Meine Präzision ist durchaus bestechend. Ein Gerichtsvollzieher macht nur seine Arbeit und ich unterstütze ihn darin so gut es nur geht. Ich verliere stets mit Würde und Stolz. Selbst der Hund gehört mir nicht. Er ist nur zu Besuch bei mir. Das ist die Krönung schlechthin und einfach nur geil.

Und aus meiner Geldbörse wurde noch nie ein Scheinchen abgesaugt. Schließlich darf ich nicht verhungern. Ich finde den Besuch eines Gerichtsvollziehers immer ganz nett und da fällt mir eine kleine, andere Geschichte ein.

Vor Wochen, morgens gegen 7 Uhr, duschte ich noch. An der Tür klingelte es und zwei Männer in einer dunklen Uniform standen vor mir. Die Tür öffnete ich ohne Brille und halb nackt. Ich sagte, dass sie ruhig die Wohnung leer räumen können. Sie wunderten sich und sagten, dass sie nur die Heizung ablesen wollten. Da musste ich lachen, denn ich dachte es wäre die Polizei wegen einer Hausdurchsuchung. So kann man sich irren, wenn man die Sehhilfe nicht aufhat.

So ist mein Naturell. Ich bin freundlich und habe stets einen kleinen Witz auf den Lippen. Eine Hausdurchsuchung ist mir wurscht. Ich hätte einfach weiter geduscht, während die Polizei meine Wohnung aufräumt. Kein Problem. Nun habe ich wirklich fast alles erlebt, aber eine zünftige Hausdurchsuchung vermisse ich seit Jahren. Schade, aber was nicht ist, kann noch werden.

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