• 19.04.2024

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Arbeitswut

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» Artikel vom

Gastautor: Drecksköter

Sie ist unerträglich. Nein, nicht die Ex-Frau, sondern die Arbeitswut der Männer.

Egal, ob sie sich nun für Frau und Kinder oder für den Unterhalt der Ex abrackern: Männer müssen malochen. Stets. Immer. Dauernd. Es gibt insbesondere in Deutschland keinen anderen Daseinszustand für einen Mann als den Zustand andauernder Arbeit.
Sobald der Mann in die Schule kommt, beginnt er, der Ernst des Lebens. Von da an träumen sie alle von der Rente: „Wenn ich erst einmal in Rente bin, in Pension bin …“. Plötzlich sind die Augen in mystisch weite Fernen gerichtet und wer genau hinschaut, sieht in den verträumten Augen einen weißen Sandstrand, Palmen, eine Hängematte und einen entspannten Rentner, der einen Cocktail in der Hand hält, der ihm von einer lächelnden südländischen Schönheit gereicht wird. Ja, die Rente. MANN wird ja noch träumen dürfen …

Aber bis dahin sind es noch viele Jahrzehnte. Halt die Schnauze und kneif die Arschbacken zusammen! Bis dahin wird malocht, geschuftet, gearbeitet, gebuckelt, geackert, bis die Schwarte kracht. Schließlich hat man ja Verantwortung übernommen, um die Erwartungshaltung der Frau, Kinder, Eltern, Nachbarn, Gesellschaft und des Staates zu erfüllen und der Mann wird dieser Rolle auch gerne gerecht. Und wer wirklich etwas leistet, der schafft das auch: Die Raten für das Eigenheim, unser Haus, das komplett auf die Ehefrau überschrieben wurde, die Reitstunden für die Tochter, die neue 50.000 Euro Küche, der schicke Mini-Zweitwagen für die Ehefrau, ihre Boutique, die stets nur Minus macht …

Da sind keine Überstunden zu viel, kein Fahrtweg zu weit, ständige Erreichbarkeit für den Chef, noch ein Projekt mehr, die Konkurrenz schläft nicht. Dass dabei die Gesundheit nachlässt, die Wampe wächst, die Leberwerte bedenklich sind, der Blutdruck steigt, der Schlaf schlecht ist und der kleine Freund zwischen den Beinen kaum noch steht, wird nicht als Alarmsignal verstanden, sondern im Büro in der Zigarettenpause vor den lieben Kollegen wie eine Monstranz vor sich hergetragen. Schließlich ist es bei den anderen Kollegen ja auch nicht anders. Und immerhin: Wer in der freien Wirtschaft die richtige Branche gewählt hat, wird auch mit einem anständigen Gehalt entlohnt, es winken prozentuale Beteiligungen, Prämien, zusätzliche Leistungsentgelte und die Kasse klingelt ordentlich.

Aber dann knallt es, weil er nie da ist und sie sich endlich mal wieder als Frau fühlen will, Und schon steht die Scheidung ins Haus. Sie und die Kinder kriegen alles. Er landet erst einmal in einer 1-Zimmer-Wohnung, ausgeplündert, verarmt, verbittert … Aber, was ein richtiger Kerl ist, der malocht weiter. Sei es für die Kinder oder schon für die nächste Ehefrau.

Auch der freie Mann kann nicht anders. Er malocht hart und heftig weiter. Zwar hat er nach der Scheidung alles an die Wand geklatscht, um den irren Unterhaltsschulden so weit wie möglich zu entgehen, aber auch der freie Mann entkommt seiner Programmierung nicht. Der freie Mann ist aus Stahl, mit einem Knüppel zwischen den Beinen, der selbst im schlaffen Zustand das Format eines Unterarms hat. Die Eier sind tennisballgroß und auch der Rest von Körper und Geist sind in gestähltem Zustand. Ein freier Mann ist natürlich freier Unternehmer, hat selbstverständlich stets einen perfekten Plan B in der Tasche und scheffelt, stets unter dem Radar bleibend, ganz unauffällig richtig Geld. Vordergründig gehört ihm natürlich nichts, die nette Wohnung ist nur gemietet, das schicke Auto gehört einem Freund, das gut ausgestattete Wohnmobil gehört einem anderen Freund und in der erstaunlich erfolgreich laufenden Firma ist man verständlicherweise als Aushilfsgeschäftsführer nur zum Minimalgehalt angestellt, das nicht gepfändet werden darf. Aber da von der unternehmerischen Freiheit merkwürdigerweise doch gelegentlich und ganz unerwartet etwas übrigbleibt, dann wandert das vom Gerichtsvollzier unentdeckt als Krügerrand verbuddelt in den Garten oder als Diamentensäckchen ins Toilettenknie.

Und selbst im Ruhestand wird weitergearbeitet. Insbesondere in Deutschland. Egal ob als kleiner Rentner oder freier Mann, der endlich seinen (Unterhalts-)Verpflichtungen entkommen ist, weil er Ende 50 oder Anfang 60 ist. Denn in Deutschland gibt es schon lange keinen Ruhestand mehr. Wer ein richtiger Rentner ist, der geht als guter Deutscher selbstverständlich in den Unruhestand! Wer nur Rentner ist, der reibt sich ab sofort für seine Enkel auf und spielt Enkeltaxi oder hilft bei den Hausaufgaben, usw. und wer als Unternehmer in den Unruhestand geht, der gründet nochmal eine neue Firma, wird als Senior-Consultant bei Start-ups beratend tätig oder gibt als Coach gute Ratschläge. Egal wie man es dreht und wendet: In jedem Fall winkt dem Deutschen auch nach der Verrentung ein strammer Dienstplan. Ohne den geht es in Deutschland einfach nicht.

Woran liegt das nur? Ist es das immer noch reichlich vorhandene Testosteron, das den Mann antreibt? Sind es die großen Ziele, die Mann sich selbst gesetzt hat und für die er erneut Verantwortung übernimmt? Ist es die Furcht vor der Langeweile? Die Furcht vor der Stille? So sehr ich auch suche: Irgendwie fehlt mir einfach nichts. Gar nichts. Keine Arbeit mehr. Was für eine Wohltat.

Ich bin seit einem Vierteljahr im selbstgewählten Ruhestand. Und mir will und will beim besten Willen einfach nicht langweilig werden. Dabei mache ich eigentlich nichts. Fast gar nichts. Ich habe keine großen Freizeitprojekte, keine Reisen, keine Sprachkurse, die im Moment anstehen. Ganz vereinzelt besuchen mich Freunde. Ich bleibe morgens einfach liegen. Ich wache ausgeschlafen auf und bleibe einfach liegen. Nichts treibt mich, nichts erwartet mich. Ich lächle, lasse den Gedanken freien Lauf und nehme sie nicht ernst. Draußen ist es mittlerweile hell geworden. Ganz vorsichtig erhebt sich Drecksköter aus seiner Furzmulde, geht ins Bad und rasiert sich in aller Ruhe. Natürlich nass. Erfreut sich am Seifenschaum im Rasiernapf, schäumt sich ein, hört dem Schaben des Rasierhobels zu, erschnuppert den Duft der Rasierseife.
Gemach. Gemach. Ich habe Zeit. Viel Zeit. Alle Zeit der Welt …

Wer den Drecksköterweg beschreiten will, dem empfehle ich zur Lektüre:

Henry David Thoreau: Walden
Thierry Paquot: Die Kunst des Mittagsschlafs
Tom Hodgkinson: Anleitung zum Müßiggang

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