• 19.04.2024

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Reisen in vollen Zügen

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Gastautor: Drecksköter

Reisen ist für Frauen das Größte. Ein edles Hobby und die Erfüllung ihres Lebens: „Auf Reisen kann ich mich so richtig verlieben“. Na klar, unter Palmen auf den Malediven, in einem erstklassigen Fünf-Sterne-Hotel, wenn ER alles zahlt, ist das ja auch nicht schwer. Cocktails, weiße Sandstrände, Mondlicht und ein Hormonschub … und schon wird der Angebetete zum Märchenprinz, bei dem Frau sich endlich wieder richtig als Frau fühlen kann. Dann noch zahllose Bilder auf Instagram, die versteckt neidischen Kommentare aller Freundinnen und schon ist der Urlaubstraum perfekt.

Was für ein Urlaub! Jedenfalls für die Frau. Ihr Alpha-Freund oder -gatte darf sie dafür im Hotelbett oder am Strand gelegentlich aufbocken und für jeden Stich im Urlaub umgerechnet all-inclusive 1.000 Euro oder mehr abdrücken. Aber egal. Den Alpha kratzt das nicht. Geld hat Mann halt zu haben. Und so ist der Urlaub für den Alpha zwar ein teurer Spaß, aber da er einen Spitzenjob hat, verkraftet er das mit links. „Sex on the beach“ ist für den Alpha eben nicht nur ein Cocktail …

Auch für die Angehimmelte von Bohrmaschinen-Bernd ist Reisen die Erfüllung des Lebens. Da sie aber nur einen Halbtagsjob im öffentlichen Dienst hat und er seine kleine Handwerkerklitsche mit Ach und Krach durch die Zeit bringt, können die Reiseträume nicht ganz so groß sein. Es reicht gerade für einen Flug nach Fuerteventura in ein Viersternehotel, das im Reiseprospekt viel schöner aussah. Die Massenabfertigung am Buffet und das Essen sind halbwegs passabel, und nach einigen Tagen kam dann auch Bernds Bohrmaschine endlich einmal wieder zum Einsatz, aber auch nur deswegen, weil sie beide rotzbesoffen waren. Dass Bernd vom Anblick der schlanken Schönheiten am Hotelpool sowieso ganz notgeil war und er sich seine Alte an der Hotelbar erst einmal schönsaufen musste, war ihm im Alkohol- und Hormonrausch dann auch egal. Loch ist Loch. Dass der Urlaub in die Haushaltskasse und Bernds Rücklagen ein deutliches Loch gerissen hat, daran denkt Bernd erst wieder, als er sich nach dem Urlaub zum ersten Mal wieder einen Kontoauszug von seiner Bankfiliale holt. Aber was soll’s. „Happy Wife, happy life!“, das sagen ja auch alle Freunde und Kumpels. Und da sie schon wieder die nächsten Pläne für den Weihnachtsurlaub schmiedet, muss Bernd auch im Job richtig ranklotzen, damit der Dispo bis Weihnachten halbwegs ausgeglichen ist.

Für die Menge der Hartzer, der ungefickten Sozialversager, für Arbeitslose, Familien mit Kindern, für Geizkragen, Faule und Frugalisten bleiben exklusive Flugreisen jedoch ein stets unerfüllter Traum. Sie genießen das Reisen in vollen Zügen.

Eisenbahn. Das war einst Hightech in Deutschland. 1835, als die erste Eisenbahnstrecke regulär von einer Dampflok betrieben wurde, da stand die Eisenbahn für Aufbruch und Fortschritt. Zum ersten Mal in der Geschichte wurde Reisen zu einer Massenbewegung. Was vorher nur wandernden Handwerksburschen oder reichen Adligen vorbehalten war, wurde nun massentauglich: das Reisen. Und Reisen mit der Bahn waren damals auch noch Reisen. Bis gegen Ende des 20. Jahrhunderts waren Zugstrecken planbar und mit ein wenig sinnvoller Planung konnte man mit der Eisenbahn pünktlich, schnell und sicher durch ganz Europa fahren. Mit Einführung von Speisewagen, Klimaanlage, Toiletten in allen Waggons und einem zuverlässigen Bordpersonal konnte man mit geringen Abstrichen halbwegs komfortabel und zuverlässig auch größere Städteverbindungen befahren. Den Höhepunkt an Komfort erreichte die Deutsche Bahn in Deutschland im Jahr 1999 mit dem „Metropolitan“. Dieser Hochgeschwindigkeitszug verkehrte zwischen Köln und Hamburg und bot seinen Reisenden ein Höchstmaß an Geschwindigkeit, holzgetäfeltem Komfort und ein Bordrestaurant, das sich auch durchaus Restaurant nennen durfte. Aber tempi passati!

Danach ging es in Deutschland nur noch bergab. Mit der Bahn sowieso. Verrottete Infrastruktur, ungepflegte Schienenstrecken, veraltete Technik, marode Brücken und zu wenig Personal machen das Reisen zum Hoffen. „Hoffentlich wird die Verbindung nicht gestrichen. Hoffentlich kommt der Zug auch an.“ Mehr kann man heute nicht mehr erwarten. Immerhin gibt es noch keinen Beschuss durch russische Tiefflieger …

„Ey, willste auch ein Bier?“ Ein Männerclub, der zum Fußballspiel Bayern gegen Wasweissich will, hat das Bordbistro gestürmt. Der Alpha vom Männerclub grölt zur Bedienung: „12 Pils bitte! Aber schnell, wir haben Durst.“ Mit der Ruhe im Bordbistro ist es vorbei. Naja, egal. Trinkt man halt ein Bier mit. Dann quietscht es plötzlich. Eine Gruppe junger, leicht fetter, deutlich angetrunkener Frauen stürmt auch das Bordbistro. Ah, ein Junggesellinnenabschied! Kreisch! „12 Bier bitte. Die Braut zahlt!“ Das, was da quietscht, ist das kleine rosa Megafon, das die zukünftige Braut lautstark zum Einsatz bringt, um auch den letzten Mitreisenden darüber zu informieren, dass sie mit ihrem künftigen Gatten das große Los gezogen hat. „Mädels kommt zu uns!“ Der Männerclub gerät in Ekstase! Alles lacht, grölt. Körper reiben sich an Körper …

Was für ein Getöse im Bordbistro. Da hilft nur noch selbst zu fressen und saufen, sonst geht die Fahrt ja nie zu Ende! Schon kommt die Bedienung des Bordbistros.
„Ich hätte gerne …“
„Ich sage Ihnen lieber, was wir alles NICHT haben. Wir haben keine heißen Getränke, weil die Kaffeemaschine defekt ist. Da wir erst wieder in Köln beliefert werden, haben wir auch keine heißen Speisen. Kuchen gibt es auch nicht. Ich kann Ihnen Kaltgetränke und Sandwich anbieten.“
„Na, dann geben Sie mir die Vollkornschnitten und Bier.“

Naja, besser als nichts. Dann meldet sich die Blase. Also aufs Klo, dessen Beschreibung, nun ja, unbeschreiblich ist. Im Sommer, im überbelegten Zug. Der Boden der kleinen Kabine schwimmt. Hitze. Klimaanlage ist völlig überfordert. Und dazwischen Frauen. Völlig desorientiert. Wie üblich. Frau steigt am Bahnhof im eingefahrenen Zug irgendwo ein. Wer achtet denn auf die Wagennummer? Kaum hat Frau einen Wagen betreten, bleibt sie stehen und schaut sich hilflos um. Hinter ihr staut sich alles.

„Nun gehen Sie doch bitte weiter, Sie blockieren ja alles.“
„Ei, ist das hier der Wagen 12 ???“
„Nee, das ist Wagen 2. Da müssen Sie ganz nach hinten. Hinters Bordrestaurant mit der Wagennummer 11.“
„Eine Zuuuumutung. Eine Zuuumutung!!!“
Laut gackernd, zeternd, meckernd macht sich die Alte mit einem riesigen Rollkoffer auf den Weg.

Dann knallt es plötzlich. Alles zuckt zusammen!

„Sind Sie waaaahnsinnig? Passen Sie doch auf!!!“
Ein Opa, körperlich ein Männchen, musste für seine Trulla unbedingt den Helden spielen und wollte einen kindersarggroßen Koffer in die Ablage wuchten, was natürlich schiefging. Der Koffer landet mit lautem Knall fast auf den Füßen eines Fahrgastes. Puh, gerade noch einmal gut gegangen!

Endlich am eigenen Sitzplatz angekommen. Die Reservierung hat funktioniert! Ganz außergewöhnlich! An ein Schläfchen ist im Großraumwaggon nicht zu denken. Ein Ehepaar packt den in Alufolie eingewickelten Reiseproviant aus. Sofort zieht ein herrlicher Dunst aus Billigwurst, hartgekochten Eiern und löslichem Kaffee durchs Abteil. Zwei Reihen weiter vorne löffelt irgendeine schlürfende Sau aus einer Pappverpackung asiatische Nudeln in stinkender Maggi-Soja-Soße. Am Vierertisch hat sich eine Öko-Familie mit Frau, Pudel und zwei kleinen Kindern niedergelassen. „Iiiiiich will hiääää sitzen!! Iiiiiich!“. „Malte-Torben, Du lässt sofort die Sarah-Leander in Ruhe!“. Noch weiter vorne fängt ein Baby an zu schreien, hustet sich ein Opa die Lunge aus dem Hals, schnattern Frauen am Handy, kläffen Hunde …

Wumms!!! Plötzlich geht ein Rucken durch den Zug. Kreischende Bremsen. Kaffeebecher geraten ins Rutschen, Butterbrote landen auf dem Boden. Alles versucht sich irgendwo festzuhalten. Immer noch quietschende Bremsen. Gestank von verbrannten Bremsscheiben zieht durch den Zug. Dann Stillstand. Stille.

Krrrksfzz...
„Meine Damen und Herrn, wir sind hier außerplanmäßig zum Halten gekommen, weil sich vor uns im Gleis Personen befinden. Die Weiterfahrt wird sich um unbestimmte Zeit verzögern.“
Alles stöhnt. Die Stille wird wieder Getöse.
„Ja, hier Flötenkönig, ich kann an dem Meeting nicht teilnehmen, weil der Scheißzug schon wieder steht.“
„Waaaas? Die Verbindung ist so schlecht!“
„Oh, neeeee, ich habe doch nicht 53 Euro gezahlt, um hier zu stehen!“
„Mama, mir ist schlecht!“
„Ich muss mal!“
„Hunger!!!“
„Duuuuurst!“
„Wäääääääääääääh!!!“
Furz.
„Kläff. Wuff. Wuff.“

Und so geht es endlos weiter. Streckensperrung wegen Fliegerbombe. Umgestürzte Bäume. Spielende Kinder im Gleis. Böschungsbrände. Perverse Mitreisende. Polizeieinsätze. Notärzte auf offener Strecke. Und, und, und …

Der freie Mann genießt das Reisen in vollen Zügen.
Oder auch nicht.

Drecksköter empfiehlt zur Entspannung: „Mord im Orientexpress“



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