• 23.04.2024

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Die alternative Anlagestrategie

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» Artikel vom

Gastautor: eisfreak

Nachdem durch den Nullzins die hart erarbeiteten Ersparnisse des Mittelstandes faktisch täglich an Wert verlieren, wird auf allen Kanälen der Griff zur Aktie propagiert. Vergessen ist die T-Aktie, die schlussendlich weniger Rendite hatte als ein Kasten Bier. Da bekam man wenigstens das Pfandgeld zurück. Selbst sonst überlegt handelnde Leute hatten seinerzeit fünf- und sechsstellige Beträge versenkt. Es war wie ein kollektives Aktienvirus, das weite Teile der Öffentlichkeit befallen hatte. Nur Geldmangel schützte vor Verlusten.

Die nachrückende Generation hatte dann mit Wirecard die einmalige Chance, an einem milliardenschweren Verlustgeschäft beteiligt zu sein. Weitere Finanzskandale kann jeder mit der Suchmaschine seines geringsten Misstrauens selbst herausfinden. Die Cineasten unter uns können sich „Der schwarze Freitag“ mit Curd Jürgens ansehen, ein Film von 1966, der den Börsencrash von 1929 thematisiert.

Aufgewachsen bin ich in sehr übersichtlichen finanziellen Verhältnissen. Arm habe ich mich aber nicht gefühlt, da ich nie ein Gefühl des Mangels empfunden hatte. Wir waren zwar knapp bei Kasse, aber ansonsten überaus reich: reich an Freunden, reich an Hobbys, reich an Erlebnissen, Ideen, zahllosen glücklichen Momenten. Wir selber und unsere Familie waren unser größter Schatz.

Vor einiger Zeit rief mich mein Bruder an und erzählte mir, dass er mit einer Geldanlage Schiffbruch erlitten hätte. Das ist der Bruder mit dem Doktortitel. Er wollte eben „mehr“ aus seinem Geld machen. Derselbe Bruder, der in seiner Küche nicht ein einziges scharfes Messer hat, von der Existenz einer gescheiten Eisenpfanne ganz zu schweigen.

Angesichts solcher „Fehlallokationen“ fing ich an, über ein alternatives Anlagekonzept nachzudenken. Wie kann ich meine knappen Mittel so anlegen, dass es zuallererst mir besser geht? Wie kann ich eine nachhaltige und wirksame „Lebensqualitäts-Rendite“ generieren, bei Minimierung spekulativer Risiken?

Entstanden ist eine Art „Stufenmodell“, das ähnlich der Maslowschen Bedürfnispyramide nur als erste Orientierung dienen soll. Zwangsläufig ist das mit starken Simplifizierungen verbunden, um zunächst den Grundgedanken herauszuarbeiten. Umsetzen kann es dann jeder gemäß seinen individuellen Präferenzen, da darf man seiner Kreativität freien Lauf lassen.

STUFE 1: IN SICH INVESTIEREN!

Was ist das wertvollste Gut eines Freien Mannes? Der V8 in der Garage? Die Goldbarren auf dem Kaminsims?

Nein, es ist die ZEIT.

Zeitwohlstand ist das höchste Gut in dieser zeitlich begrenzten Existenz, die Begrenzung definiert ja gerade den Wert der Zeit. Anstatt sich mit einem dauerschlechtgelaunten nölenden Eheweib die Zeit vergiften und entwerten zu lassen, kann der Freie Mann aus dieser Zeit mit Leidenschaft, Können und unbeugsamem Willen unvergessliche Erlebnisse formen. Seien es Roadtrips entlang epischer Küstenstraßen, Rennradtouren über Alpenpässe, ausgedehnte Wanderungen in tiefen Wäldern - was auch immer es ist, was Dich glücklich macht, tue es. Genau dafür investiere ich mit höchster Priorität mein Geld und meine Zeit. In meine Wohnungseinrichtung habe ich nur so viel investiert, wie es zur Teilnahme am bürgerlichen Leben und aus praktischen Erwägungen unumgänglich ist. Dafür sind meine Freizeitgeräte immer tipp-topp in Schuss, sorgfältig gewartet und einsatzbereit.

Diese Erlebnisse kann dir, mein Freund, niemand wegnehmen. Das ist es, was Dich formt und ein gutes Stück unabhängig vom Status der Partnerschaft und der Situation auf Arbeit macht.

Der zweite Aspekt des „In-Sich-Investierens“ besteht bei mir aus der Pflege sozialer Beziehungen. Das fällt teilweise mit den Erlebnis-Investments zusammen, teilweise ist es ein eigenes Zeit-Investment. Die Rendite macht sich gerade in unserem inzwischen über einjährigen Lockdown bemerkbar. Es hat mir in der gesamten Zeit zu keinem Zeitpunkt an sozialen Kontakten gemangelt. Pro Woche wandert praktisch eine neue Telefonnummer in mein Handy, treffe ich aktive Leute bei meinen sportlichen Aktivitäten an der frischen Luft. Und ja, ich genieße auch regelrecht das Alleinsein während meiner Biwak-Touren, da ich nicht permanent in Gesellschaft sein möchte.

Eine weitere, sehr sinnvolle Investition in sich selber ist die Zubereitung leckerer Mahlzeiten aus frischen Zutaten. Das kann man nicht genug betonen! P. wird mir da sicher eifrig beipflichten. Für alle anderen: Das Buch „Die Suppe lügt“ von Hans-Ulrich Grimm ist ein gutes Mittel gegen die „Scheißegal, Hauptsache es schmeckt“- Attitüde.

Selber kochen ist das, was jeder machen kann, es ist eine reale Handlungsoption. Über die Jahre habe ich mir ein Repertoire einfacher, alltagstauglicher Rezepte erarbeitet. Vergesst diese ganzen Kochshows, diese verkünstelten „Kochevents“ mit irrsinnigem Ressourceneinsatz. Eine gescheite Eisenpfanne, zwei Töpfe, zwei wirklich scharfe Messer, Raspel und Schlagmixer reichen als Basis völlig aus.

Keine Zeit? Das ist ja wohl kein Thema für den Freien Mann. Fernseher aus - Kochplatte an! Die Zeit, die man da investiert, macht sich tausendfach bezahlt. Weniger Krankheiten, höheres Wohlbefinden - schon die Zubereitung an sich trägt regelrecht meditative Züge.

Da ich ein kleiner Perfektionist bin, darf in meiner Küche nur der Chef selber kochen. Damit der soziale Aspekt gewahrt bleibt, habe ich einen Besucherstuhl in der Küche stehen. Da kann ich dann nach Herzenslust schnippeln und mit dem Besuch ein nettes Gespräch führen. Dazu gibt es ein leckeres Craftbier im Glas - Herz, was willst Du mehr?

STUFE 2: HOCHWERTIGE GEBRAUCHSGEGENSTÄNDE

Konsequent folgt nun Stufe 2: jegliche Gegenstände, die gebraucht werden, sind in angemessener Qualität zu beschaffen. Der Anlageprofi erkennt hier ganz klar das Prinzip des Langzeitinvestments.

Paradebeispiel ist meine fast 30 Jahre alte Rösle Eisenpfanne. In der Zwischenzeit haben andere 15 Teflonpfannen verbraucht. Sagen wir mal, man kauft die beim Discounter für 15 Euro das Stück, dann hat man über diesen Zeitraum 225 Euro in wertlosen, giftigen Müll gesteckt. Ja, höre ich immer wieder, aber die Teflonpfannen sind so praktisch. Natürlich, es wäre auch praktisch, wenn man seine eigene Mutter vögeln könnte. Dann müsste man sich nicht mühsam eine Freundin suchen oder Geld im Puff bezahlen. Richtig eingebraten ist die Eisenpfanne überdies kaum noch rostanfällig und besitzt ebenso Antihaft-Eigenschaften.

Da der Freie Mann nicht nur mehr Zeit, sondern auch mehr Geld für sich hat, wird in hochwertige Werkzeuge investiert. Da lacht das Herz, wenn man endlich ein Problem hat, wo man mit fettem Grinsen zur 300er Knipex Kobra greift und sich selber zur weisen Kaufentscheidung gratuliert. Das Geld, was man sonst in Mon Cheri und Prosecco für das launische Weib steckt, landet nun in der Werkzeugkiste. Auch mit wenig Geld kann man bei zielgerichtetem Kaufverhalten über die Jahre einen soliden Werkzeugbestand aufbauen. Dazu wird eine Liste mit den benötigten Werkzeugen erstellt und schrittweise abgearbeitet. Vorab erfolgt eine gründliche Recherche - so lassen sich fast immer Fehlkäufe vermeiden.

Überraschenderweise muss man nicht immer reflexartig zu den teuren Markenprodukten greifen. Viele sogenannte „Marken“ sind nur noch Schatten ihrer Selbst, reine Labels auf minderwertiger Chinaware. WMF fällt mir dazu gerade ein. Meine mit Abstand schärfsten Messer in der Küche kosteten weit unter 10 Euro. Die habe ich im Asia-Laden gefunden, es sind Holzgriffmesser der Marke „Kiwi-Brand“ aus Thailand. Gerade das Gemüse-Hackmesser ist die Macht in der Küche. Nach dem Anschauen von ein paar YT-Videos (Suchbegriff „How to use a Chinese Cleaver Knife“) lernt man das legendäre Messer schnell schätzen und lieben.

Pseudo-Experten kommen jetzt extrem vorhersehbar mit den ach so tollen Messern aus „Damaststahl“ an. Dabei handelt es sich um Sammlerstücke einer traditionellen Herstellungsart, die modernen Stahlsorten nicht das Wasser reichen können. Wer es nicht glaubt, soll bitte im Böker-Katalog nachschauen, den der Freie Mann selbstverständlich griffbereit auf dem Nachttisch liegen hat.

Auch die Garderobe wird durch einen Lodenmantel oder ein Tweed-Jackett ungemein aufgewertet. Langlebig sind diese Kleidungsstücke ohnehin. Auf meiner Liste stehen noch die handgenähten Kalbslederschuhe. Die haben ihren Preis - werden dann aber auf Dauer die preiswertesten Schuhe sein, die ich je besessen habe. Das Geld hätte ich bereits gehabt, aber da war ein Paar individuell konfigurierte Schlittschuhe mit T-Blade-System einfach wichtiger für mein individuelles Wohlbefinden. Vielleicht werden es vorher auch noch ein Paar Red Wings, mal sehen.

An der Stelle können das nur Schlaglichter zu diesem Investment-Thema sein - zu unterschiedlich sind die Ansprüche und Bedürfnisse, um hier allgemeingültige Empfehlungen aussprechen zu können.

STUFE 3: FINANZPRODUKTE

Hier kann ich im Grunde nur wie der Blinde von der Farbe reden. Soviel Geld hatte ich nie übrig, um es dem Finanzsystem hinterherzuschmeißen.

Ganz klar muss man sehen, dass an die Gier des Menschen adressiert wird. Wie durch „Zauberhand“ aus wenig Geld viel Geld werden soll, ist schon faszinierend. Der einarmige Bandit ist auch faszinierend, und manche stecken da ihr ganzes Geld hinein, um den Einsatz wieder „herauszubekommen“.

Eine ganze Branche lebt davon, den Leuten zu erklären, wie das alles funktioniert, was gerade trendet, wie man sein Portfolio diversifiziert, Risiken managt und so weiter, und so fort. Es ändert nichts daran, dass nur die den Reibach machen, die einen Informationsvorsprung haben.

Den hast DU garantiert nicht, mein Freund. Die erzählen dir nur, was Du hören sollst, um ein ganz bestimmtes Meinungsbild zu erzeugen. Ja, es ist schon interessant, wie die Finanzbranche Leute in ihren Bann zieht, wie sich manche nur noch mit Trendlinien und Renditeaussichten beschäftigen. Solange Du nicht zum Plunge Protection Team oder dem inneren Zirkel der FED gehörst, sind Deine Erfolge zum großen Teil dem Zufall geschuldet. Das wird dann natürlich in der Fachpresse den anderen armen Schweinen so richtig aufs Butterbrot geschmiert: „Schau dir den an, der hat es geschafft! Das kannst Du auch! Du musst nur das richtige Investment tätigen!“.

Mir ist klar, dass dies provokante Thesen sind, dabei bin ich noch gar nicht bei den einschlägigen Verschwörungstheorien gelandet. Meine Investment-Schwerpunkte sind ausschließlich in Stufe 1 und 2 zu finden. Zugegeben, ein klein wenig „Preppen“ ist bei mir auch dabei, das ist meine Art der Diversifikation und des Risikomanagements.

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